Versetzung.

 Änderung der Arbeitszeiten und Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) (BAG, Urt. v. 18.10.2017 – 10 AZR 47/17).


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Versetzung, Insight von Alexander Krol, Rechtsanwalt der Kanzlei Buse Heberer Fromm

BEM ist keine Voraussetzung bei Versetzung von Nacht- in Wechselschicht.

Der klagende Arbeitnehmer ist bei der Beklagten als Maschinenbediener tätig. Zwischen 1994 und 2005 leistete er Wechselschicht (Frühschicht/Spätschicht), seitdem wurde er fast ausschließlich in der Nachtschicht beschäftigt. In den Jahren 2013 und 2014 war der Kläger jeweils an 35 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt. Vom 02.12.2014 bis 26.02.2015 konnte er aufgrund einer suchtbedingten Therapiemaßnahme nicht arbeiten. Danach wurde er wieder in der Nachtschicht eingesetzt. Am 25.03.2015 fand ein sog. Krankenrückkehrgespräch statt, welches von der Beklagten nicht als Maßnahme des BEM beabsichtigt oder ausgestaltet war. Danach erteilte die Beklagte die Weisung zukünftig die Arbeit in Wechselschicht zu erbringen.

Der Kläger erhob daraufhin Klage mit dem Ziel, wieder in der Nachtschicht eingesetzt zu werden. Er ist der Auffassung, die Weisung sei unwirksam, da vor der Maßnahme kein BEM durchgeführt worden sei und sie im Übrigen nicht billigem Ermessen i.S.v. § 106 GewO, § 315 BGB entspreche. Die Beklagte meint, eine Dauernachtschicht sei grundsätzlich gesundheitlich belastender als jede andere Arbeitszeit. Deshalb habe sie mit der Versetzung prüfen dürfen, ob sich die gesundheitliche Situation des Klägers beim Einsatz in Wechselschicht verbessere. Zudem sei der Kläger bei Fehlzeiten in der Wechselschicht leichter ersetzbar als in der Nachtschicht.

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, während das Landesarbeitsgericht ihr stattgab (LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 22.11.2016, 15 Sa 76/15). Die Revision der Beklagten hatte vor dem BAG Erfolg. Die Durchführung eines BEM i.S.v. § 84 Abs. 2 SGB IX sei keine formelle Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Versetzung. Dies gelte auch in den Fällen, in denen die Anordnung (auch) auf Gründe gestützt wird, die im Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand des Arbeitnehmers stehen. Maßgeblich sei vielmehr, ob die Weisung des Arbeitgebers insgesamt billigem Ermessen i.S.v. § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 1 BGB entspreche. Dabei seien alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.

Mangels hinreichender Feststellungen des LAG zu diesen Umständen konnte das BAG nicht abschließend entscheiden. Dies führte zur Zurückverweisung der Sache an das LAG.

Empfehlung für die Praxis:

Die bislang nur als Pressemitteilung vorliegende Entscheidung des BAG ist zu begrüßen. Sie fügt sich in die Rechtsprechung zur Wirksamkeit von Kündigungen ein (vgl. BAG, Urt. v. 07.12.2006 – 2 AZR 182/06; BAG, Urt. v. 13.05.2015 – 2 AZR 565/14). Danach ist die Durchführung eines BEM kein milderes Mittel und damit keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Kündigung. Die Pflicht des § 84 Abs. 2 SGB IX konkretisiert insoweit den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Versetzung ist selbst ein milderes Mittel gegenüber der Kündigung, für die aber kein eigenständiger Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gilt. Ein BEM ist in beiden Fällen kein milderes Mittel, welches vorrangig ist.