Das chinesische Exportkontrollgesetz.

 
Compliance und Chance für europäische Unternehmen.

Das chinesische Exportkontrollgesetz (EKG) wurde nach einer langen (ca. 4 Jahren) Vorbereitung am 17. Oktober 2020 in der zweiundzwanzigsten Sitzung des Ständigen Ausschusses des Dreizehnten Nationalen Volkskongresses verabschiedet. Das EKG ist seit dem 1. Dezember 2020 in Kraft getreten. Das Gesetz betrifft sowohl chinesische Unternehmen als auch ausländische Unternehmen mit Sitz in China sowie ausländische Einkäufer. Daher ist ein aktueller Überblick dieser gesetzlichen Bestimmungen für europäische Unternehmen von großer Bedeutung. In den folgenden Punkten werden wir das Gesetz beleuchten.

1. Hintergrund

Aufgrund des immer härter werdenden Wettbewerbes im internationalen Handel ist „Exportkontrolle“ inzwischen weltweit ein heißes Thema. Exportkontrolle sind die vom Staat aus sicherheitspolitischen, wirtschaftlichen, militärischen und außenpolitischen Gründen formulierten Gesetze und Vorschriften über die Verbots- oder Beschränkungsmaßnahmen für die Ausfuhr eines bestimmten Gutes, um den Gegenstand oder die Verwendung dieses Gutes zu kontrollieren. Exportkontrolle ist eine internationale Verpflichtung der Staaten und auch eine international gängige Praxis.

Als eines der größten Export-Länder will die chinesische Regierung den Export gesetzlich näher regeln. Zuvor waren die rechtlichen Grundlagen für Chinas Exportkontrollsystem hauptsächlich das Außenhandelsgesetz und das Zollgesetz. Es fehlte ein eigenes Gesetz, das sich speziell mit der Exportkontrolle befasst. Das Exportkontrollgesetz, das aus fünf Kapiteln und 49 Paragrafen besteht, schafft einen umfassenden rechtlichen Rahmen für die Regulierung von Exportaktivitäten aus China.

2. Anwendungsbereich

Die Weitergabe (einschließlich des Re-Export) von kontrollierten Gütern aus China ins Ausland sowie die Bereitstellung von kontrollierten Gütern durch natürliche oder juristische Personen oder Organisationen ohne eigene Rechtspersönlichkeit an ausländische natürliche oder juristische Personen wird durch dieses Gesetz geregelt.

Kontrollierte Güter
Nach § 2 des chinesischen Exportkontrollgesetzes findet dieses Gesetz Anwendung in der staatlichen Ausfuhrkontrolle von Dual-Use Gütern, militärischen Gütern, nuklearen Gütern, sowie anderen Gütern, Technologien und Dienstleistungen.

Kontrollierte GüterBeschreibung
1. Dual-Use GüterGüter, Technologien und Dienstleistungen, die sowohl zivile als auch militärische Anwendungen haben oder die zur Steigerung des militärischen Potenzials beitragen, insbesondere solche, die für die Konstruktion, Entwicklung, Herstellung oder Verwendung von Massenvernichtungswaffen und ihren Trägermitteln verwendet werden. Liste der Dual-Use Güter
2. militärische Gütersind Ausrüstungen, spezielle Produktionsanlagen und andere damit zusammenhängende Güter, Technologien und Dienstleistungen, die für militärische Zwecke verwendet werden.
3. Nukleare Güternukleare Materialien, nukleare Ausrüstungen, nicht-nukleare Materialien für Reaktoren und damit verbundene Technologien und Dienstleistungen.
4. andere Güter, Technologien, und Dienstleistungendie mit der Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheit und Interessen sowie mit der Erfüllung von Antiproliferations- und anderen internationalen Verpflichtungen im Zusammenhang stehen

Kontrollierte Ausfuhrvorgänge
Nach § 2 Abs. 3 EKG bezieht die Exportkontrolle sich auf das Verbot oder die einschränkenden Maßnahmen des Staates für das Verbringen von kontrollierten Gütern vom Festland der Volksrepublik China nach außerhalb des Festlands. Dazu gehört auch die Bereitstellung von kontrollierten Gütern (Deemed-Export). Dabei hat das Gesetz im Auge die Bereitstellung durch natürliche Personen, juristische Personen oder Organisationen der Volksrepublik China an ausländische Personen und Organisationen. Die im § 45 EKG geregelten Ausfuhrvorgänge sind der Export, die Durchfuhr, die Umfuhr, der Re-Export (an Drittländer) und die Ausfuhr von Gütern aus einem Zollverschlussgebiet oder einer Sonderzollzone. Das bedeutet, dass alle oben genannten Ausfuhrvorgänge einer entsprechenden Ausfuhrgenehmigung von der zuständigen Behörde bedürfen.

End-Use & End-User
Zu beachten sind der beabsichtigte End-Use der kontrollierten Güter sowie ihr End-User. Gemäß § 15 EKG müssen den Exporteuren der chinesischen staatlichen Ausfuhrkontrollbehörde Dokumente zum Nachweis des Endverwenders und der Endverwendung der kontrollierten Güter vorliegen. Diese Beweis-Dokumente müssen nach § 15 EKG von der zuständigen Regierungsstelle im Ausland ausgestellt werden.

Bei Änderung des End-Use oder des End-User sind Exporteur und Importeur gemäß § 16 EKG verpflichtet, sich bei der chinesischen Exportkontrollbehörde zu melden.

Extraterritoriale Rechtswirkungen
§ 44 des EKG regelt den räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes auch für das Ausland. Das bedeutet, dass auch natürliche oder juristische Personen aus dem Ausland unter den Anwendungsbereich des EKG fallen. Wenn sie gegen das Gesetz verstoßen und dadurch die nationale Sicherheit und die Interessen der VR China gefährden oder die Erfüllung ihrer Antiproliferations- und anderer internationaler Verpflichtungen behindern, können sie dann ebenfalls nach § 44 EKG sanktioniert werden. Solche Verstöße sind beispielweise der Export von kontrollierten Gütern aus China in ein Drittland durch einen Importeur in Deutschland ohne Genehmigung der chinesischen Exportkontrollbehörde.

Allerdings sind die konkreten Arten von Verstößen sowie die entsprechenden Sanktionsmaßnahmen nicht näher im Gesetz geregelt. Wie das Gesetz in der Praxis konkret umgesetzt werden wird, ist eine sehr spannende Frage, die abzuwarten bleibt.

3. Verwaltungsrechtliche Sanktionen

Bußgeld und Exportverbot
Bei der Ausfuhr der kontrollierten Güter ohne Genehmigung von der Kontrollbehörde können die Exporteure gemäß §§ 33-38 EKG mit einem Bußgeld in Höhe von min. CNY 500,00 bis max. CNY 5 Mio. bestraft werden.

Zusätzlich darf gemäß § 39 Abs. 1 EKG ein bestrafter Exporteur für einen Zeitraum von fünf Jahren keine Ausfuhrgenehmigung mehr erhalten. Den Verantwortlichen und anderen relevanten Personen können für diesen Zeitraum die Ausübung der entsprechenden Exportgeschäfte untersagt werden.

Entity Kontrollliste
Importeure und End-User, auf die einer der folgenden Umstände zutrifft, können gemäß § 18 EKG in eine Kontrollliste aufgenommen werden.

  • Verstoß gegen die Anforderungen des End-Users oder des End-Uses
  • die nationale Sicherheit und Interessen gefährden
  • Verwendung von kontrollierten Gütern für terroristische Zwecke

Für Importeure und End-User, die in der Kontrollliste aufgelistet sind, besteht die Möglichkeit, bei der staatlichen Exportkontrollverwaltung die Streichung von der Kontrollliste zu beantragen, nachdem sie Maßnahmen zur Beseitigung von Risiken ergriffen haben.

Kreditrekord
Die staatliche Exportkontrollbehörde kann gemäß § 39 Abs. 2 EKG die Verstöße gegen dieses Gesetz in das Kreditwürdigkeitsregister von Exportunternehmen aufnehmen.

4. Strafrechtliche Sanktionen

§ 43 des EKG legt fest, dass Unternehmen, die gegen die Regelungen des Exportkontrollgesetzes verstoßen, insbesondere wenn sie staatlich verbotene Güter oder kontrollierte Güter ohne Genehmigung exportieren, strafrechtlich verfolgt werden. Dazu zählen der Straftatbestand des Schmuggels, der illegalen Geschäftstätigkeit, der Weitergabe von Staatsgeheimnissen, der Fälschung der Genehmigung usw. Solche Verstöße führen zu einer Freiheitsstrafe sowie zu einer Geldstrafe. Zu beachten ist, dass als strafrechtliche Sanktion sowohl ein dauerhaftes Exportverbot als auch ein dauerhaftes Importverbot drohen kann.

5. Auswirkungen für die europäischen Unternehmen

Die europäischen Unternehmen, die direkt oder indirekt über Lieferanten bei chinesischen Unternehmen einkaufen, sowie Lieferketten mit europäischen Unternehmen, die über Tochtergesellschaften in China produzieren, fallen unter den Anwendungsbereich des EKG. Bei Verstößen gegen die Vorschriften des EKG können diese betroffenen europäischen Unternehmen unabhängig von ihrem Sitz (in oder außerhalb von China) gleichermaßen sanktioniert werden.

6. Wesentliche Compliance-Empfehlungen vom chinesischen Wirtschaftsministerium

Internes Compliance-Programm
Da bei Verstößen strenge Sanktionen drohen, ist die Einhaltung der Vorschriften des EKG für die Unternehmen von überragender Bedeutung. Nach den Richtlinien des chinesischen Wirtschaftsministeriums (MOFCOM) zur Einrichtung eines internen Compliance-Programms für die Exportkontrolle von Dual-Use Gütern (Stand 28.04.2021) sollte ein internes Compliance-Programm im Unternehmen eingeführt werden. Nach der Ansicht des MOFCOM ist das Compliance-Programm ein wesentlicher Teil des Management-Systems. Obwohl die Richtlinien nicht verbindlich sind, ist die Einrichtung eines internen Compliance-Programms für die Unternehmen sinnvoll.

Außerdem können dem Exporteur mit einem wirksamen internen Compliance-Programm zur Einhaltung der Vorschriften nach § 14 EKG „Erleichterungsmaßnahmen“, die sog. „Generelle Genehmigung“, gewährt werden.

Risikobewertung vom Geschäftspartner
Zusätzlich empfiehlt der MOFCOM den Unternehmen, eine umfassende Risikobewertung der Geschäftspartner durchzuführen. Nach den Ergebnissen der Risikobewertung können Unternehmen interne Compliance-Programme für die Exportkontrolle und damit verbundene organisatorische Managementsysteme einrichten und verbessern, um die möglichen Maßnahmen zur Risikoprävention durchzuführen.

Whistleblowing, interne Ermittlung
Um Compliance Risiken rechtzeitig aufzudecken, empfiehlt der MOFCOM den Unternehmen weiter, interne Meldekanäle für Whistleblowing einzurichten. Zusätzlich sollten interne Ermittlungen in verdächtigen Fällen durchgeführt werden. Je nach Ergebnis der internen Ermittlungen können die Unternehmen angemessene Maßnahmen umsetzen oder die verdächtigten Fälle bei der zuständigen Behörde melden.

Schulung
Regelmäßige Schulungen für die gemeinsamen Mitarbeiter über die aktuelle Rechtslage der Exportkontrolle sind nach der Ansicht des MOFCOM sehr sinnvoll. Durch aktuelle rechtliche Kenntnisse von Mitarbeitern können potenzielle Verstöße gegen relevante Vorschriften verhindert werden.

Dokumentation
Die Exportunternehmen sollten den kompletten Prozess der Ausfuhr, einschließlich des bisherigen Exportrekords, die Kommunikation mit den zuständigen Behörden, Kundeninformationen und -korrespondenz, Lizenzantragsdokumente, Genehmigungsdokumente sowie den Stand der Durchführung der Ausfuhr vollständig dokumentieren.

Externe fachliche Unterstützung
Letztlich wäre für die Unternehmen hilfreich, von der Rechtslage rechtzeitig informiert werden zu können. Mittels externer Unterstützung von Experten und Fachanwälten können die Unternehmen eine bessere Übersicht für die aktuelle Rechtslage erhalten. Zusätzlich kann durch externe Unterstützung ein wirksames Compliance-Programm in Unternehmen eingerichtet und Compliance-Schulungen durchgeführt werden. Dadurch wird das Risiko von Verstößen gegen Regelungen über Exportkontrolle minimiert.

Sie haben Fragen zur Umsetzung des neuen chinesischen Exportkontrollgesetz in Ihrem Unternehmen? Sprechen Sie uns gerne an!