In einem Fall, den nun das LAG Düsseldorf zu entscheiden hatte, erhielten die Arbeitnehmer eines Unternehmens des öffentlichen Nahverkehrs zunächst auf der Grundlage einer Gesamtzusage, später aufgrund einer betrieblichen Übung, Freifahrkarten. Dieser Anspruch erstreckte sich u.a. auch auf die Ehepartner der Mitarbeiter. Der Arbeitgeber gab diese Zusagen dem Betriebsrat jeweils (nur) zur Kenntnis. Mit Rechtswirkung ab dem Jahreswechsel 2015/2016 schlossen der Arbeitgeber und der Betriebsrat aufgrund notwendig gewordener Einsparungen eine Betriebsvereinbarung zu den Freifahrkarten. Danach konnten Mitarbeiter zwar weiterhin Freifahrkarten beanspruchen, aber in geringerem Umfang als bisher (z. B. weniger Tarifzonen). Ehegatten und sonstige Familienangehörige waren in der Betriebsvereinbarung nicht mehr als Anspruchsberechtigte für Freifahrkarten aufgeführt. Der Kläger begehrte mit seiner Klage u.a. die Zurverfügungstellung von Freifahrkarten für sich und seine Ehefrau auf Basis der günstigeren Regelungen vor Inkrafttreten der Betriebsvereinbarung. Er vertrat den Standpunkt, dass die Betriebsvereinbarung die bisherigen Regelungen nicht ablösen könne und sich gar nicht auf die Praxis der Überlassung von Freifahrkarten beziehe, zumindest aber die Ehegatten nicht eingeschlossen habe, da diese nicht genannt worden seien.
Das LAG Düsseldorf wies die Klage ab. Es habe sich bei der bisherigen Praxis erkennbar um kollektive Regelungen gehandelt und nicht um individuelle Absprachen. Ohne anderweitige Anhaltspunkte könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Arbeitgeber dauerhaft und ohne Möglichkeit der Anpassung binden wolle. Schon aufgrund des sich immer weiter entwickelnden Tarifsystems sei klar erkennbar, dass eine Veränderungssperre nicht beabsichtigt gewesen sei. Für eine Öffnung für abändernde Betriebsvereinbarungen spreche auch, dass der Betriebsrat zumindest Kenntnis von den seinerzeitigen Zusagen und deren Änderungen hatte und auch an Einstellungsgesprächen, in denen auf die Möglichkeit der Überlassung von Freifahrkarten hingewiesen wurde, teilnahm. Für die Ablösung einer kollektiven Regelung sei es unerheblich, ob es sich dabei um eine Gesamtzusage, eine betriebliche Übung oder – wenngleich in diesem Fall nicht relevant – um AGB handelt.
Zudem sei nach Auslegung der Betriebsvereinbarung klar, dass die Ehegatten künftig durch ihre unterbliebene Nennung beim Kreise der Anspruchsberechtigten keine Freifahrkarten mehr beanspruchen könnten. Es habe zu keinem Zeitpunkt eine Gesamtzusage oder betriebliche Übung gegeben, die sich nur auf die Ehegatten bezogen hätte. Zudem war eine beabsichtigte und kundgetane Kostenverringerung, die gegen eine Ausklammerung der Ehegatten bei den Kürzungen spreche, Hintergrund der Betriebsvereinbarung.
Empfehlung für die Praxis
Das LAG Düsseldorf folgt dem vom BAG eingeschlagenen Weg, kollektive Zusagen als betriebsvereinbarungsoffen anzusehen. Positioniert hat sich das BAG insoweit bereits zu Gesamtzusagen und allgemeinen Geschäftsbedingungen in Arbeitsverträgen. Für den Arbeitgeber eröffnet diese Sichtweise einen einfacheren Weg, bisherige Ansprüche abzuändern, natürlich nur, soweit der Betriebsrat zustimmt oder eine Einigungsstelle im Sinne des Arbeitgebers entscheidet. Stünde der Weg über Betriebsvereinbarungen nicht offen, bliebe nur die Änderungskündigung gegenüber jedem einzelnen Mitarbeiter.
Das LAG Düsseldorf hat die Revision zum BAG zugelassen.