Ein Mehrheitsgesellschafter beherrscht mit seiner Mehrheitsbeteiligung die Gesellschaft. Er kontrolliert auch die Geschäftsführung. Enthält die Satzung keine abweichenden Regelungen, sind Minderheitsgesellschafter dem Mehrheitsgesellschafter in der Regel ausgeliefert. Lediglich in Fällen der Unternehmensübernahme, einer Fusion oder sowie bei der Auflösung der Gesellschaft haben Gesellschafter eine Sperrminorität. Das gilt allerdings nur dann, wenn sie mehr als 25 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen. Das ist häufig nicht der Fall.
Mehrheitsgesellschafter ist alleiniger Geschäftsführer der GmbH
Die Situation verschlechtert sich, wenn der Mehrheitsgesellschafter zugleich alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaft ist. Kommt es zu Meinungsverschiedenheiten, scheint der Minderheitsgesellschafter dem Mehrheitsgesellschafter schutzlos ausgeliefert zu sein. Es bestehen erhebliche Schutzlücken.
Aushungern als Praxis im Gesellschafterstreit
In der Praxis kommt es immer wieder zum sogenannten „Aushungern“ der Minderheitsgesellschafter. Hier ist die Situationen gemeint, in der der Mehrheitsgesellschafter die im Jahresabschluss ausgewiesenen Gewinne nicht an die Gesellschafter ausschüttet. Der Mehrheitsgesellschafter kann mit einer Gewinnthesaurierung die finanziellen Interessen der Mindergesellschafter stark beeinträchtigen, vor allem, wenn Minderheitsgesellschafter auf die Einkünfte der GmbH angewiesen sind.
Minderheitsgesellschafter als Geschäftsführer
Ist der Minderheitsgesellschafter auch noch Geschäftsführer, verschärfen Angriffe auf die Position des Gesellschafter-Geschäftsführers die finanzielle Not erheblich. So kann etwa die Abberufung und Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrages mit einfacher Mehrheit beschlossen werden, wenn der Minderheitsgesellschafter über keine im Gesellschaftsvertrag festgeschriebene Sonderrechte verfügt. Das ist regelmäßig der Fall. Stimmt das Verhältnis zwischen Mehrheits- und Minderheitsgesellschafter nicht mehr, kann eine massive Schieflage zu Lasten des Minderheitsgesellschafters entstehen.
Die Rechte der GmbH-Minderheitsgesellschafter, Missbrauchskontrolle und Anfechtungsklage
Der Minderheitsgesellschafter kann sich natürlich gegen aus seiner Sicht missbräuchliche Beschlüsse wehren. Das geschieht dann im Wege der gerichtlichen Missbrauchskontrolle. Das ist aber gar nicht so einfach. In der Gesellschafterversammlung wird der Mehrheitsgesellschafter immer den Versammlungsleiter bestellen, der die Beschlüsse im Sinne des Mehrheitsgesellschafters feststellen wird. Diese Beschlüsse sind bis zu einer richterlichen Entscheidung verbindlich. Ein gerichtliches Urteil im Beschlussmängelstreit kann Jahre dauern.
Zudem muss der Minderheitsgesellschafter bei einer Anfechtungsklage gegen feindliche Beschlüsse des Mehrheitseigners die Prozesskosten finanzieren. Er trägt außerdem die Darlegungs- und Beweislast, dass die Beschlüsse missbräuchlich sind. Dabei wird bei einer Anfechtungsklage und Nichtigkeitsklage immer die GmbH verklagt. Der Mehrheitsgesellschafter kann bei einem Gerichtsprozess viele systematische Vorteile des GmbH-Rechts für sich in Anspruch nehmen.
Auskunfts- und Einsichtsrecht
Eine GmbH-Gesellschafter hat das Recht, jederzeit von der Geschäftsführung Auskünfte über sämtliche Angelegenheiten der Gesellschaft zu verlangen. Außerdem kann er Einsicht in die Bücher und Schriften der Gesellschaft zu fordern. Dieses Auskunfts- und Einsichtsrecht besteht unabhängig von der Höhe der Beteiligung. Es ist sehr häufig mit erheblichem Aufwand für die Geschäftsführung und die Gesellschaft verbunden. Hier kann der Minderheitsgesellschafter ein wirklicher Quälgeist für die Geschäftsführung werden.
In Gesellschafterstreitigkeiten greifen Minderheitsgesellschafter nicht selten auf dieses Recht zurück, in der Hoffnung, durch die Nerverei der Geschäftsführung doch noch Vorteile zu erlangen. Zudem versucht er so Anhaltspunkte für ein mögliches Fehlverhalten der Geschäftsführung oder die Treuwidrigkeit der Mitgesellschafter zu finden.
Die rechtliche Durchsetzung dieses Auskunftsrechts ist allerdings mit einem nicht unerheblichen zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden. Für den betroffenen Gesellschafter kommt das dann oft zu spät.
Einberufungsrecht
Gesellschafter, die mit mindestens 10 Prozent am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt sind, können die Geschäftsführung immer wieder zur Einberufung neuer Gesellschafterversammlungen oder zur Ergänzung der Tagesordnung auffordern.
Kommt der Geschäftsführer diesen Wünschen nicht in angemessener Frist nach, kann der Minderheitsgesellschafter selbst die Gesellschafterversammlung einberufen.
Stimmrechtsausschluss in eigenen Angelegenheiten
Das Stimmrecht eines GmbH-Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführers ist ausgeschlossen, wenn die Gesellschafterversammlung die Beschlussfassung, die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits ihm gegenüber betrifft. Gegen anwaltlich beratene Gesellschafter-Geschäftsführer gelingt es Minderheitsgesellschaftern in der Praxis nur selten, sich bereits in der Gesellschafterversammlung durchzusetzen.
Sonderprüfung als Kontrollinstrument
Die Sonderprüfung ist ein Instrument, um Vorgänge in der GmbH bzw. die Geschäftsführung(spraxis) extern prüfen zu lassen. Veranlassen kann eine nachträgliche Prüfung an sich jeder Gesellschafter. Damit eine Sonderprüfung stattfinden kann, ist dann ein Beschluss mit einfacher Mehrheit notwendig.
Geht es darum, das Verhalten eines Mehrheitsgesellschafters auf diesem Wege zu überprüfen, scheint deshalb der Weg zur Sonderprüfung rechtlich versperrt zu sein. Der Beschluss muss jedoch von der Mehrheit der berechtigten Stimmen gefasst werden, und der Gesellschafter, dessen Verhalten Anlass der Sonderprüfung ist, ist von der Abstimmung über die Sonderprüfung ausgeschlossen.
Damit ist die Mehrheit der berechtigten Stimmen der Minderheitsgesellschafter für den Beschluss über eine Sonderprüfung notwendig und ausreichend.
Die Sonderprüfung kann damit eine effiziente Kontrollmöglichkeit für Minderheiten sein.
Näheres zur Sonderprüfung findet sich hier.
Treuepflicht als Stimmrechtsausübungsschrank des Mehrheitsgesellschafters
Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verpflichtet auch einen Mehrheitsgesellschafter, bei der Ausübung seines Stimmrechts auf die Belange der Minderheitsgesellschafter Rücksicht zu nehmen.
Die Treuepflicht folgt unmittelbar aus der Verabredung der Gesellschafter, das gemeinsame Interesse zu fördern und Schaden von der Gesellschaft abzuwenden.
Die Treuepflicht schützt sowohl die Gesellschaft als auch die Mitgesellschafter vor Schädigungen durch das Abstimmungsverhalten einzelner. Es ist anerkannt, dass die Verfolgung ausschließlich eigennütziger Zwecke und das Streben nach ungerechtfertigten Sondervorteilen treuwidrig ist.
Die Hürden für die Anwendung der Treuepflicht sind sehr hoch. So sieht der Bundesgerichtshof (BGH v. 12.04.2016, II ZR 275/14) keine Verletzung der Treuepflicht, wenn
- eine Maßnahme erhebliche wirtschaftliche Bedeutung für die Gesellschaft hat,
- die Gesellschaft oder der Mitgesellschafter durch die Maßnahme übermäßig belastet würden oder
- eine Maßnahme im Interesse der Gesellschaft liegt und geeignet ist, die Zwecke der Gesellschaft zu fördern.
Grundsätzlich ist jeder GmbH-Gesellschafter frei darin, sich wirtschaftlich unvernünftig zu verhalten und damit auch für unsinnige und für die Gesellschaft schädliche Beschlüsse zu stimmen.
Eine Zustimmungspflicht des GmbH-Gesellschafters besteht lediglich dann, wenn
- der Zweck und die Interessen der Gesellschaft die konkrete Maßnahme zwingend erfordern,
- die Maßnahme zur Erhaltung wesentlicher Werte der Gesellschaft oder zur Vermeidung erheblicher Verluste objektiv abweisbar erforderlich ist und
- die Zustimmung dem Gesellschafter unter Berücksichtigung seiner schutzwürdigen Belange zumutbar ist.
Ob dies der Fall ist, muss mühsam ermittelt werden. Dieser Weg ist für einen Minderheitsgesellschafter ein steiniger und aufwendiger Weg, der gut überlegt sein will.
Sie haben Fragen zum Gesellschafterstreit? Sprechen Sie mich jederzeit gerne an.