Vorsicht beim Umgang mit personenbezogenen Mitarbeiterdaten!

 Warum einem Betriebsratsmitglied fristlos gekündigt wurde, das eine Wählerliste an sich selbst mailte.

Vorsicht beim Umgang mit personenbezogenen Mitarbeiterdaten!

Betriebsratsmitglieder genießen Sonderkündigungsschutz. Leitet ein Betriebsratsmitglied aber persönliche Arbeitnehmerdaten an seine private E-Mail-Adresse weiter, kann das ein Grund für eine außerordentliche Kündigung sein (ArbG Mannheim (Urteil v. 01.08.2023, Az.: 5 Ca 101/23).

Kündigungsschutz von Betriebsratsmitgliedern

Betriebsratsmitgliedern kann aufgrund ihrer Position nur unter besonderen Voraussetzungen gekündigt werden. So ist eine ordentliche personen- oder verhaltensbedingte Kündigung eines Betriebsratsmitglieds nicht zulässig. Das besagt § 15 Kündigungsschutzgesetz (KSchG).

Absoluten Kündigungsschutz genießen aber auch Betriebsratsmitglieder nicht: Massives Fehlverhalten kann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Insoweit unterscheiden sich Betriebsratsmitglieder nicht von sonstigen Arbeitnehmern.

Eine außerordentliche Kündigung setzt voraus, dass Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Damit eine außerordentliche Kündigung rechtmäßig ist, muss also wirklich „etwas passieren“.

Aber fällt das Weiterleiten einer E-Mail mit personenbezogenen Mitarbeiterdaten an die private E-Mail-Adresse in diese Kategorie?

Wählerliste an sich selbst weitergeleitet

Um diese Frage ging es vor dem Arbeitsgericht Mannheim: Ein Betriebsratsmitglied – zuvor auch Ersatzmitglied des Wahlvorstandes im Betrieb – hatte sich vor der Betriebsratswahl im Jahre 2022 eine E-Mail von seinem dienstlichen Account an seine private E-Mail-Adresse weitergeleitet. Der Inhalt: personenbezogene Daten von mehr als 500 Kolleginnen und Kollegen in einer Wählerliste. In dieser Liste fanden sich Daten wie z. B. Vorname und Nachname, Wohnanschrift, Geburtsdatum, Eintrittsdatum, Vertragsende und Nationalität.

Das fand der Arbeitgeber zufällig heraus, als er nach der Geltendmachung eines DSGVO-Auskunftsersuchens des Betriebsratsmitgliedes die gewünschten Daten zusammentrug und die E-Mail entdeckte.

Eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses mittels eines Aufhebungsvertrages lehnte das Betriebsratsmitglied ab und der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis, nach Zustimmung des Betriebsrates, außerordentlich und fristlos.

Hiergegen wehrte sich das Betriebsratsmitglied vor dem Arbeitsgericht: Nur durch eine Weiterleitung an seinen privaten E-Mail-Account habe er die Möglichkeit gehabt, die Liste zu Hause zu prüfen. Seinen dienstlichen Account könne er von zu Hause nicht abrufen. Außerdem habe der Arbeitgeber von dem Vorfall in unzulässiger Weise erfahren. Dieser habe auf seinen dienstlichen E-Mail-Account nicht ohne Beteiligung des Betriebsrates zugreifen dürfen. Die fristlose Kündigung sei jedenfalls unwirksam.

Weiterleiten an private E-Mail: wichtiger Grund

Diesen Argumenten folgte das Arbeitsgericht nicht. Die außerordentliche Kündigung ist aus Sicht des Arbeitsgerichts wirksam.

Das Gericht sah im Weiterleiten der E-Mail auf einen privaten E-Mail-Account zunächst einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung. Die Weiterleitung der E-Mail mit personenbezogenen Daten stelle eine eklatante Vertragspflichtverletzung dar. Der Arbeitgeber sei für den sorgsamen Umgang mit persönlichen Daten der Arbeitnehmer verantwortlich und mit der Weiterleitung der Mail sei dem Arbeitgeber die Kontrolle über sensible, schützenswerte Daten entzogen worden. Dass die Vertragspflichtverletzung mit der Ausübung des Wahlvorstandsamtes in Zusammenhang stand, ließ das Gericht nicht gelten. Insoweit sei sogar eine gesteigerte Sensibilität beim Umgang mit personenbezogenen Daten zu fordern.

Auch ein Beweisverwertungsverbot sah das Gericht nicht: Der Arbeitgeber habe beim Zusammentragen der Informationen für das Auskunftsersuchen des Betriebsratsmitgliedes auf die E-Mails zugegriffen. Er könne sich nicht auf die Vertraulichkeit der E-Mails berufen, wenn er durch sein Auskunftsersuchen die Herausgabe der Daten gefordert habe.

Der Fall bleibt weiter spannend. Die Berufung gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts ist unter dem Aktenzeichen 12 SA 33/23 anhängig.

Was wir für Sie tun können

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Das Wichtigste kurz zusammengefasst:

  • Betriebsratsmitglieder genießen Sonderkündigungsschutz: Eine ordentliche personen- oder verhaltensbedingte Kündigung eines Betriebsratsmitglieds ist nicht zulässig.
  • Bei massivem Fehlverhalten ist es möglich, Betriebsratsmitgliedern aus wichtigem Grund außerordentlich zu kündigen.
  • Verletzt ein Betriebsratsmitglied seine Pflicht zum Schutz personenbezogener Daten im Arbeitsverhältnis erheblich, kann das ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung sein.