Der Betriebsrat muss über eine anstehende Kündigung vom Arbeitgeber informiert und dazu angehört werden. Für eine nach § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) erforderliche ordnungsgemäße Anhörung ist es aber nicht notwendig, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat informiert, ob die Kündigungserklärungsfrist eingehalten wurde oder ob ein Sonderkündigungsschutz besteht. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 07.05.2020 entschieden (Az.: 2 AZR 678/19).
Der Fall
In dem zu Grunde liegenden Fall hatte der Arbeitgeber einem Konstruktionsingenieur außerordentlich fristlos und hilfsweise ordentlich gekündigt. Der Arbeitgeber hatte den Betriebsrat zu der Kündigung angehört. Dieser hat seine Zustimmung erteilt.
Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört
Der Ingenieur klagte gegen die Kündigung, da kein Kündigungsgrund bestehe. Eine außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund müsse nach § 626 Abs. 2 BGB innerhalb einer Frist von 2 Wochen erfolgen, nachdem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgeblichen Tatsachen Kenntnis erlangt habe. Diese Frist habe der Arbeitgeber nicht eingehalten, so der Ingenieur. Zudem habe der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört, indem er ihn weder hinsichtlich der Kündigungsfrist nach § 626 Abs. 2 BGB noch hinsichtlich eines bestehenden Sonderkündigungsschutzes informiert habe. Die Kündigung sei unwirksam.
BAG hebt Urteil auf
In den ersten beiden Instanzen hatte der Kläger Erfolg, das BAG hob jedoch die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts auf und verwies die Sache zur Entscheidung an das Berufungsgericht zurück. Es stellte fest, dass entgegen der Auffassung des Klägers und der Vorinstanzen der Arbeitgeber den Betriebsrat weder über einen bestehenden Sonderkündigungsschutz unterrichten noch Ausführungen zur Wahrung der zweiwöchigen Kündigungsfrist machen müsse.
Ein Arbeitgeber müsse den Betriebsrat nach § 102 BetrVG vor jeder Kündigung hören und ihm die Gründe für die Kündigung mitteilen, so das BAG. Ansonsten ist die Kündigung unwirksam. Der notwendige Inhalt der Unterrichtung des Betriebsrats richte sich aber nach Sinn und Zweck des Beteiligungsrechts. Dieser bestehe darin, den Betriebsrat durch die Unterrichtung in die Lage zu versetzen, sachgerecht und ggf. auch zu Gunsten des Arbeitnehmers auf den Arbeitgeber einzuwirken. Die Anhörung des Betriebsrats diene aber nicht der Prüfung, ob die geplante Kündigung den rechtlichen Anforderungen genügt. Insoweit unterschieden sich prozessuale Darlegungslast und Mitteilungspflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat.
Keine Angaben zur Einhaltung der Kündigungsfrist
Der Arbeitgeber müsse keine Angaben zur Einhaltung der Kündigungsfrist machen, da die Wahrung der Frist nicht zu den Gründen für die Kündigung im Sinne von § 102 BetrVG gehöre. Dem Gremium müsse nicht eine Überprüfung der Wirksamkeit der beabsichtigten Kündigung ermöglicht werden. Das bedeute allerdings nicht, dass der Arbeitgeber nicht angeben müsse, wann der Kündigungssachverhalt sich zugetragen habe. Nur so werde es dem Betriebsrat ermöglicht, die Stichhaltigkeit und Gewichtigkeit der Kündigungsgründe zu beurteilen.
Im Hinblick auf die beabsichtigte außerordentliche fristlose Kündigung müsse der Betriebsrat auch nicht über einen möglichen Sonderkündigungsschutz unterrichtet werden. Dem Betriebsrat würden insoweit auch keine Einwände abgeschnitten. Er könne der Absicht einer außerordentlichen fristlosen Kündigung in beiden Fällen (ordentliche Kündbarkeit und ordentliche Unkündbarkeit) gleichermaßen entgegensetzen, dem Arbeitgeber sei es zuzumuten, die ordentliche (reale oder fiktive) Kündigungsfrist einzuhalten.
Das BAG verwies den Fall an das Landesarbeitsgericht zurück, das nun über die Wirksamkeit der Kündigung entscheiden muss.
Für eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats im Fall einer geplanten außerordentlichen fristlosen Kündigung, ist es nicht nötig, dass der Arbeitgeber Angaben zur Kündigungserklärungsfrist nach § 626 Abs. 2 BGB macht. Über einen möglicherweise bestehenden Sonderkündigungsschutz noch muss er den Betriebsrat zudem nicht aufklären. Dies ist jedoch nicht ohne weiteres auf außerordentliche Kündigungen mit sozialer Auslauffrist übertragbar.