Corona hat vieles geändert – auch die Arbeit eines Betriebsrats. Zum Schutz vor der COVID-19-Pandemie wurde im § 129 des Betriebsverfassungsgesetzes die Sonderregelung erlassen, dass Sitzungen des Betriebsrats auch als Telefon- oder Videokonferenz durchgeführt werden können.
In dem vorliegenden Fall wollte ein Gesamtbetriebsrat seine Sitzung, bei der u.a. auch geheime Wahlen auf dem Programm standen, als Präsenzveranstaltung durchführen. Dies versuchte der Arbeitgeber, der mehrere Rehabilitationskliniken betreibt, zu verhindern.
Er wollte die Präsenzsitzung mit Hinweis auf die Möglichkeit von Telefon- und Videokonferenzen verbieten. Gerade bei überregionalen Zusammentreffen der Betriebsräte steige das Risiko einer Ansteckung mit dem Corona-Virus. Die Gefahr einer Verbreitung des Virus in den Kliniken sei nicht hinnehmbar.
Der Gesamtbetriebsrat hielt an seinen Plänen fest und setzte sich durch. Die geltenden gesetzlichen Regelungen zum Infektionsschutz würden eingehalten.
Geheime Wahl per Video nicht möglich
Mit Beschluss vom 24.08.2020 hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes entschieden, dass die Sitzung des Betriebsrats als Präsenzveranstaltung zulässig ist und vom Arbeitgeber hinzunehmen sei.
Nach dem Betriebsverfassungsgesetz entscheide der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats über Einberufung und Ort der Sitzung. Er könne vom Arbeitgeber auch nicht auf die Möglichkeit einer Telefon- oder Videokonferenz nach § 129 BetrVG verwiesen werden, da geheime Wahlen anstünden. Eine geheime Abstimmung per Telefon oder Video sei aber nicht möglich, führte das Gericht aus.
Restrisiko begründet kein Verbot
Unter Beachtung der aufgrund von Corona geltenden Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung könne die Sitzung als Präsenzveranstaltung stattfinden. Das verbleibende Restrisiko begründe kein Verbot der Sitzung, entschied das LAG Berlin-Brandenburg.
Dass Betriebsratssitzungen grundsätzlich als Präsenzveranstaltung durchgeführt werden dürfen, hat das Gericht allerdings nicht entschieden. Der Einzelfall sei entscheidend. Hier sei die Präsenzveranstaltung zulässig, damit die geheimen Wahlen stattfinden können.
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat mit diesem Beschluss nicht grundsätzlich grünes Licht für Präsenzsitzungen des Betriebsrats gegeben. Der Betriebsrat wird im Einzelfall bewerten müssen, ob eine Präsenzveranstaltung – so wie im Falle von geheimem Wahlen – notwendig ist, oder ob auch auf technische Möglichkeiten wie Telefon- und Videokonferenzen ausgewichen werden kann. Ein Freifahrtschein für Präsenzveranstaltungen ist der Beschluss des LAG Berlin-Brandenburg nicht.