Der Fall vor Gericht
Ein Mitarbeiter einer Wohnungsbaugenossenschaft arbeitete seit rund 30 Jahren für seinen Arbeitgeber und war seit mehr als 20 Jahren als technischer Leiter für Modernisierungen und Instandhaltungen der Wohnungen zuständig. Über die Jahre hinweg hatte er bei Handwerkern gerne einmal die Hand aufgehalten: Zusätzlich zu jeder Rechnung bekam er dreistellige bis kleinere vierstellige Beträge in bar.
Diese „Bargeld-Praxis“ des Mannes flog nach vielen Jahren erst auf. Ende des Jahres 2022 wurde der Mann wegen Bestechlichkeit strafrechtlich verurteilt. Seinem Vorgesetzten hingegen konnte man Bestechlichkeit nicht nachweisen.
In der Folge verklagte die Wohnungsbaugenossenschaft den Mann auf Herausgabe der Schmiergelder wegen unerlaubter Fremdgeschäftsführung und zwar in Höhe aller Schmiergelder, die der Mann über die Jahre erhalten hatte. Es hatte sich herausgestellt, dass an „Verantwortliche der Genossenschaft“, v. a. an den „Hausmeister“, immerhin rund 1,45 Millionen Euro Schmiergelder bezahlt worden waren.
Im Verfahren um die Herausgabe des Schmiergeldes bestritt der Mann, jemals Schmiergelder angenommen zu haben. Hohe Bargeldeinzahlungen auf sein Konto konnte der Mann allerdings nicht erklären.
Rechtsgrundlage für Zahlungsanspruch?
Doch aus welcher Rechtsgrundlage ergibt sich ein solcher Zahlungsanspruch des Arbeitgebers, wenn Angestellte Schmiergelder erhalten?
Hier sind zwei Rechtsgrundlagen denkbar:
Es ist möglich, den Schmiergeldbetrag als Anspruch auf Schadensersatz wegen einer unerlaubten Handlung nach §§ 823, 826 Abs. 2 BGB i. Vm. §§ 266, 299 StGB vom Arbeitnehmer zu verlangen, der das Schmiergeld erhalten hat.
Genauso ist es denkbar, einen Herausgabeanspruch aus einer unerlaubten Geschäftsführung gem. §§ 667, 687 Abs. 2, 681 BGB geltend zu machen.
Herausgabe der Schmiergeldzahlungen in vollem Umfang
Das Landesarbeitsgericht Köln stützte sein Urteil hier auf einen Herausgabeanspruch wegen unerlaubter Fremdgeschäftsführung.
Und das Urteil fiel in diesem Fall mit spektakulär hohem Schmiergeldbetrag deutlich aus: Wenn ein Arbeitnehmer im Rahmen seiner arbeitsvertraglichen Aufgaben Schmiergeldzahlungen annimmt (Geschäftsanmaßung!), steht dem Arbeitgeber u. a. ein Herausgabeanspruch in Höhe der gesamten Schmiergeldzahlungen zu.
Schweigt der – hier überführte! – Täter zur Höhe der Schmiergeldzahlungen und muss der Betrag deswegen geschätzt werden, profitiert der Täter nicht davon, dass der Schätzbetrag auf einen Mindestschaden begrenzt wird. Er muss den gesamten geschätzten Schmiergeldbetrag herausgeben.
Der Arbeitnehmer wurde deswegen in diesem Fall dazu verurteilt, den gesamten geschätzten Schmiergeldbetrag aus all den Jahren in Höhe von rund 1,45 Millionen Euro an den Arbeitgeber herauszugeben.
Was wir für Sie tun können
Sie haben Fragen zum Thema Schadensersatz und Herausgabeansprüche gegen bestechliche Mitarbeiter? Sprechen Sie uns gerne an!
Das Wichtigste in Kürze zusammengefasst:
- Die Annahme von Schmiergeld im Arbeitsverhältnis ist strafbar und berechtigt den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung.
- Arbeitgeber können zivilrechtlich die Herausgabe der Schmiergeldbeträge verlangen.
- Schweigt der Täter zur Höhe der Schmiergeldzahlungen, profitiert er nicht von einer Begrenzung des Schätzbetrages auf den Mindestbetrag.