New Work: Sabbatical als Chance für Weiterbildung, Regeneration oder Reise.

 Antworten auf sechs häufige Fragen von Arbeitgebern zur Auszeit von Beschäftigten.

New Work: Sabbatical als Chance für Weiterbildung, Regeneration oder Reise.

Trotz oder gerade wegen des Fachkräftemangels bleibt das Sabbatical ein Thema für Arbeitgeber und HR: Wenn Beschäftigte eine Pause oder mehr Zeit für Angehörige brauchen, sich weiterbilden oder reisen wollen. Damit Aufwand und Kosten für Arbeitgeber im Rahmen bleiben, bedarf es einer guten Planung. Die von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil angedachte bezahlte Auszeit für Weiterbildung kommt vorerst noch nicht.

Ob Homeoffice im Inland oder Ausland, Vertrauensurlaub oder Wo-Du-willst-Job – Flexibilität und mehr Work-Life-Balance sind Trumpf im Kontext von Arbeit 4.0 und New Work-Konzepten. Immer häufiger bieten Unternehmen ihren Beschäftigten deshalb auch die Möglichkeit eines Sabbaticals an, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren und Beschäftigten den Traum von der Weltreise, Weiterbildung oder Renovierung eines Hauses zu erfüllen. Für die Unternehmen bieten sich dadurch ebenfalls Vorteile: Bestenfalls kommen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit höherer Qualifikation und erweitertem Horizont, motiviert und ideenreich zurück. Nicht zuletzt kann ein Sabbatical auch eine Maßnahme sein, um ältere Beschäftigte über 55 zu halten: Etwa wenn sie Zeit für die Pflege von Familienangehörigen brauchen. Oder wenn sie einmal eine längere Pause zur Erholung benötigen, die über den Jahresurlaub hinausgeht. Bei einer Auftragsflaute werden Arbeitgeber bei den Kosten entlastet und können dennoch auf Kündigungen verzichten. Damit beide Seiten profitieren, bedarf es einer guten Planung und Absprache im Vorfeld. Wir schildern, worauf Arbeitgeber achten sollten:

  1. Haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Anspruch auf ein Sabbatical?
    Grundsätzlich gibt es keinen Rechtsanspruch auf eine berufliche Auszeit mit Rückkehrrecht, sondern der Arbeitgeber muss individuell einwilligen. Ausnahmen gelten für Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst. Auch einige Tarifverträge sehen Regelungen für Sabbaticals vor, auf die sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berufen können. Wer als Beschäftigter zudem etwa gemäß § 7 Abs. 1 PflegeZG eine Auszeit für die Pflege naher Angehöriger nehmen möchte, kann sich in Betrieben mit mehr als 15 Beschäftigten bis zu sechs Monaten sozialversichert, aber unbezahlt freistellen lassen.
  2. Wie lange dauert ein Sabbatical?
    Meist vereinbaren Arbeitgebende und Mitarbeitende eine berufliche Auszeit für drei bis zwölf Monate. Grundsätzlich lässt sich ein Sabbatjahr auch verlängern. Doch scheuen Unternehmen davor meist zurück, weil sie eine schwierigere Wiedereingliederung in den Beruf befürchten.
  3. Welche Modelle und Finanzierungsmöglichkeiten gibt es?
    Für die konkrete Umsetzung und Finanzierung eines Sabbaticals gibt es verschiedene Modelle:

    • Sonderurlaub bis zu einem Monat: Manchmal brauchen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine längere Pause, aber sie muss nicht gleich ein ganzes Jahr dauern. Dafür bietet sich ein einfaches Modell an: Ein vierwöchiger Sonderurlaub. Der Mitarbeiter bekommt solange kein Gehalt, aber das Beschäftigungsverhältnis bleibt bestehen, so dass er weiterhin sozialversichert bleibt. Wer den gesammelten Jahresurlaub auf einmal nimmt und vier Wochen Sonderurlaub anhängt, kommt so auf mindestens zwei Monate Auszeit. Doch Vorsicht: Dauert der Sonderurlaub länger als einen Monat, gilt das Beschäftigungsverhältnis als unterbrochen und der Mitarbeiter ist auch nicht mehr sozialversichert.
    • Unbezahlte Freistellung: Ebenfalls einfach und unkompliziert funktioniert die unbezahlte Freistellung. Grundsätzlich ist dies unbegrenzt möglich. Das Arbeitsverhältnis lässt sich jederzeit wieder aufnehmen, ohne einen neuen Arbeitsvertrag abschließen zu müssen. Im Blick zu behalten ist aber auch hier: Dauert die Freistellung länger als vier Wochen, ruht das Arbeitsverhältnis. Das heißt: Der Arbeitnehmer ist nicht mehr sozialversichert. Stattdessen muss er sich selbst um Kranken- und Pflegeversicherung kümmern. Dasselbe gilt für die Renten- und Arbeitslosenversicherung, wobei hierfür keine Versicherungspflicht besteht. Doch wer nicht freiwillig einzahlt, bekommt später infolge des Sabbatjahres eine schmalere Rente.
    • Freiwilliger Lohnverzicht: Alternativ können Arbeitgebende und Beschäftigte auch regeln, dass der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin zunächst Vollzeit arbeitet und auf einen Teil seines Gehalts verzichtet. Diesen Teil bekommt er während des Sabbaticals ausbezahlt. Das Arbeitsverhältnis bleibt solange bestehen und der Mitarbeiter somit auch sozialversichert.
    • Aufbau eines Arbeitszeitguthabens: Ein Modell, bei dem Beschäftigte angestellt sowie sozialversichert bleiben und Gehalt bekommen, ist das Ansparen von Überstunden auf einem Arbeitszeitkonto. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Betrieb die Arbeitszeit auch erfasst. Im Fall von Vertrauensarbeitszeit bedarf es einer Sonderregelung. Die Höhe des Gehalts während der Auszeit bemisst sich an der Höhe der zuvor geleisteten Mehrarbeit. Das Arbeitszeitguthaben wird meist für Sabbaticals ausgewählt, die nicht mehr als drei Monate dauern.
    • Nutzung eines Zeitwertguthabens: Für längere Auszeiten ab drei Monate bietet sich das Ansparen über ein Lebensarbeitszeit- oder Langzeitkonto an, auf das der Arbeitgeber beispielsweise Überstunden, Boni, Weihnachtsgeld oder nicht genutzte Urlaubstage einzahlt, die über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können mit dem so gebunkerten Stunden- oder Lohn-Guthaben das Sabbatical herausarbeiten und bleiben während der Auszeit sozialversichert. Wichtig zu wissen: Notwendig ist hierfür nicht nur eine schriftliche Vereinbarung über das Lebensarbeitszeitkonto. Es bedarf im Sinne von § 7e Sozialgesetzbuch Viertes Buch auch einer Zusatzvereinbarung für den Fall einer Insolvenz, ein sogenanntes Contractual Trust Agreement. Das angesparte Wertguthaben wird dann an einen Treuhänder übertragen, der es verwaltet und umgewandelt in Gehalt auszahlen kann. Mit diesem Modell sind also bürokratischer Aufwand und Kosten verbunden.
  4. Welche Regelungen sollten Arbeitgeber im Vorfeld treffen?
    Unabhängig vom Modell gilt: Sofern es keine Sabbaticalregelung in Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag gibt, sind die Rahmenbedingungen der Auszeit individuell auszuhandeln und schriftlich zu dokumentieren. Zu regeln ist beispielsweise:

    • Wann beginnt und wann endet die freie Zeit?
    • Welcher Vergütungsanspruch besteht währenddessen gegenüber dem Arbeitgeber?
    • Wer vertritt den Arbeitnehmer und wie wird eine reibungslose Übergabe etwa durch Dokumentation der bisherigen Aufgaben und Tätigkeiten sichergestellt?
    • Muss er während des Sabbaticals für Fragen etwa zu laufenden Projekten oder für unternehmenswichtige Entscheidungen erreichbar sein?
    • Kann er im Anschluss wieder im bisherigen Job einsteigen?
    • Wie wirkt sich die Auszeit im Hinblick auf betriebliche Altersversorgung und andere Sozialleistungen aus?
    • Was gilt mit Blick auf Kranken- und Sozialversicherung?
    • Verlängern etwaige Krankheitszeiten das Sabbatical und wie werden sie gegebenfalls angerechnet?
    • Gibt es eine vorzeitige Rückkehrmöglichkeit?
    • Besteht trotz Sabbatical ein Urlaubsanspruch? Zumindest für Sabbaticals in Gestalt eines unbezahlten Sonderurlaubs hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 19. März 2019 klargestellt: Ohne Arbeitspflicht besteht auch kein Urlaubsanspruch. Danach steht einem Arbeitnehmer kein Anspruch auf Erholungsurlaub zu für ein Kalenderjahr, in dem er sich durchgehend im unbezahlten Sonderurlaub befindet. Ist das Sabbatical kürzer als ein Jahr, kann der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch anteilig kürzen.
    • Was gilt mit Blick auf den Kündigungsschutz: Wird ein Kündigungsausschluss oder eine Verlängerung der Kündigungsfrist vereinbart?
  5. Was ist hinsichtlich des AGG zu beachten?
    Wollen Arbeitgeber bestimmte Beschäftigungsgruppen von der Inanspruchnahme eines Sabbaticals in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ausgrenzen, müssen sie dies mit Blick auf den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundatz im Sinne von §§ 7, 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sachlich begründen. Durften bereits mehrere Mitarbeiter mit vergleichbaren Stellenprofilen eine Auszeit nehmen, kann daraus aufgrund der Gleichbehandlung ein Anspruch erwachsen.
  6. Wie steht es um die Pläne für einen Anspruch auf bezahlte Bildungsteilzeit?
    Der Koalitionsvertrag der Ampelregierung enthielt Pläne für einen Anspruch auf eine bezahlte Bildungszeit nach österreichischem Vorbild, wie wir bereits berichtet haben. Dementsprechend enthielt der Referentenentwurf des Weiterbildungsgesetzes von Bundesarbeitsminister Heil zunächst auch eine Regelung für eine bezahlte berufliche Auszeit, um eine Aus- und Weiterbildung zu ermöglichen. Allerdings ist die Kasse der Bundesagentur für Arbeit stark in Anspruch genommen, nachdem viele Betriebe während der Coronapandemie das Kurzarbeitergeld in Anspruch genommen haben. Deshalb verabschiedete die Bundesregierung den Entwurf des Weiterbildungsgesetzes ohne eine entsprechende Regelung. Die bezahlte Bildungsteilzeit soll durch ein zweites Gesetzespaket eingeführt werden. Weiterhin vorgesehen ist aber das Qualifizierungsgeld: Beschäftigte in Unternehmen, die sich für Strukturwandel und Transformation weiterqualifizieren wollen, erhalten bis 67 Prozent des bisherigen Nettoentgelts, wenn ihnen ansonsten ein Jobverlust droht. Wer wissen will, wie Unternehmen bei der Planung und Umsetzung von Weiterbildungskonzepten für Digitalisierung und Dekarbonisierung am besten vorgehen, findet konkrete Handlungsempfehlungen in unserer Serie hier im Blog.

Auch wenn es mit Aufwand verbunden ist – für Arbeitgeber bieten Sabbaticals ebenfalls Vorteile: In der Regel kehren Beschäftigte mit neuer Energie und hochmotiviert in den Job zurück. So lässt sich einem Burn-out vorbeugen und der Blick über den Tellerrand führt häufig dazu, dass eingefahrene Prozesse hinterfragt und Potenziale für Optimierungen erkannt werden. Besonders hoch ist der Nutzen für Arbeitgeber, wenn die Auszeit für eine Weiterbildung genutzt wird. Für Unternehmen, die sich in Strukturwandel und Transformation befinden, ist insofern wünschenswert, dass die bezahlte Bildungszeit nach österreichischem Vorbild tatsächlich noch kommt, wie im Koalitionsvertrag angedacht.