Spätestens seit Homeoffice und mobiles Arbeiten infolge der Pandemie zugenommen haben, reduzieren viele Unternehmen ihre Arbeitsplätze und Büroflächen, um Miete und Energiekosten zu sparen. Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht mehr jeden Tag vor Ort im Büro arbeiten, können Arbeitsplätze und Räume alternierend genutzt werden. Zudem leistet Desksharing Beiträge zu einem Green Office und nachhaltiger Unternehmensführung durch Einsparung von Strom und sonstiger Energiequellen. Doch nicht wenige Beschäftigte, insbesondere Führungskräfte stehen dem Desksharing kritisch gegenüber, da mit diesem Konzept oft der Verlust des eigenen Büros und des individuellen Arbeitsplatzes verbunden ist. Manche fürchten auch eine Art „Reise nach Jerusalem“, mit der Unsicherheit, bei Betreten des Büros einen unbesetzten Arbeitsplatz vorzufinden. Da nach der Clean-Desk-Policy am Ende jedes Arbeitstages der Schreibtisch freizuräumen ist, vermissen viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch den Verlust an Individualität und persönlicher Gestaltungsmöglichkeiten.
- Dialog suchen statt Top-down-Vorgaben
Zwar können Arbeitgeber ihren Beschäftigten im Rahmen ihres Weisungsrechts gemäß § 106 Gewerbeordnung täglich einen anderen Arbeitsplatz zuweisen, sofern sie dabei die Grenzen des billigen Ermessens einhalten, so das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz. Jedoch ist es nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg durch das Weisungsrecht des Arbeitgebers nicht gedeckt, die Tätigkeit im Homeoffice einseitig anzuordnen. Desksharing setzt voraus, dass nicht alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu den von ihnen gewünschten Zeiten im Büro arbeiten können. Das Modell funktioniert daher nur, wenn die Zahlen der Mitarbeiter, die im Homeoffice oder mobil arbeiten und die Teilnehmer am Desksharing-Konzept koordiniert werden.Um Vorbehalte gegenüber dem Desksharing auszuräumen, empfiehlt es sich vor der Einführung den Dialog mit Beschäftigten und gegebenfalls mit dem Betriebsrat zu suchen, um die Chancen des Konzepts und dessen Akzeptanz zu vermitteln. Im Vorfeld lässt sich auch konkret der Bedarf an Büro-, Besprechungs- und Konferenzräume sowie sonstiger Interaktionsflächen bestimmen. - Arbeits- und Gesundheitsschutz
Auch bei Desksharing gilt § 3a Abs. 1 S. 1 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV): Gesundheitsgefährdungen für Arbeitnehmer sind zu vermeiden. Deshalb müssen Arbeitgeber zunächst eine Gefährdungsbeurteilung nach § 3 ArbStättV vornehmen: So sind beispielsweise ergonomische Anforderungen zu bestimmen und HR muss darauf achten, dass die Gestaltung der Arbeitsplätze den Anforderungen an verschiedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter genügen.Teilen sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz, werden Arbeitsmittel wie PC, Maus, Tastatur und Headset unter Umständen von mehreren Personen verwendet. Gemäß § 4 Abs. 2 ArbStättV ist deshalb sicherzustellen, dass die Arbeitsplätze regelmäßig gereinigt werden und den hygienischen Anforderungen genügen. - Datenschutz
Insbesondere beim Desksharing müssen Unternehmen den Datenschutz sicherstellen. Nach Beendigung der Arbeit sind betriebliche Unterlagen vom Schreibtisch zu entfernen, falls dieser am darauffolgenden Tag durch andere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen genutzt wird. Soweit erforderlich sollten – gesicherte – Ablagen und Behältnisse zur Aufbewahrung von Korresponden und Materialien zur Verfügung gestellt werden. - Beteiligungsrecht des Betriebsrats
In Unternehmen mit Betriebsrat bestehen je nach Gestaltung des Desksharing-Konzepts unterschiedliche Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte. In jedem Fall hat der Arbeitgeber den Betriebsrat nach § 90 BetrVG über die Einführung des Konzepts zu informieren und das Modell mit ihm zu beraten. Dies hat so rechtzeitig zu erfolgen, dass HR Vorschläge und Bedenken des Betriebsrats bei der Planung berücksichtigen kann.
Demgegenüber begründet aber weder die Einführung des Desksharing als Konzept noch eine Reduzierung der Büroflächen ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht, wie das Bundesarbeitgericht in seinem Beschluss vom 17. November 2021, Az. 7 ABR 18/20, entschieden hat: Durch Desksharing werde die Arbeitsaufgabe des einzelnen Arbeitnehmers nicht wesentlich verändert, dass sie als eine „andere“ Aufgabe anzusehen sei. Aus demselben Grund handele es sich nicht um eine mitbestimmungspflichtige Versetzung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 und § 95 Abs. 3 BetrVG. Zwar komme es zu einer räumlichen Veränderung, doch das Gesamtbild der Tätigkeit der einzelnen Arbeitnehmerin oder des einzelnen Arbeitsnehmers bleibe erhalten. Eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG liege ebenfalls nicht vor, so dass das Unternehmen auch nicht verpflichtet sei, einen Interessenausgleich zu verhandeln und einen Sozialplan abzuschließen. Der Umstand, dass Beschäftigte jeden Tag einen anderen Platz im Büro einnähmen, stelle keinen wesentlichen Nachteil dar.
Allerdings können Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit Desksharing zu einer Mitbestimmungspflicht des Betriebsrats führen:
Da das Konzept des Desksharing die Einführung und Ausgestaltung mobiler Arbeit, insbesondere im Homeoffice, voraussetzt, besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs 1 Nr. 14 BetrVG. Zu diesem Thema hatten wir bereits Stellung genommen.
Werden zum Beispiel in Folge der Einführung einer Clean-Desk-Policy Regelungen zur Lagerung und zum Handling privater Gegenstände am Arbeitsplatz getroffen, handelt es sich unter Umständen um eine Frage der betrieblichen Ordnung, so dass dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zusteht.
Zur optimalen Gestaltung des Desksharing nutzen Unternehmen vielfach ein Buchungstool zur Verteilung der Arbeitsplätze. Wenn und soweit über dieses Tool Verhalten und Leistung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu kontrollieren ist, steht dem Betriebsrat auch nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht zu.
Desksharing bietet dem Unternehmen die Möglichkeit, Miet- und Energiekosten zu sparen. Das Konzept setzt jedoch die Einführung und Ausgestaltung mobiler Arbeit, insbesondere im Homeoffice, voraus, die der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt. Auch wenn die Einführung des Desksharing nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt, empfiehlt es sich, dieses Konzept im Dialog mit den Beschäftigten und dem Betriebsrat vorzubereiten und umzusetzen.