Nebentätigkeit: Antworten auf 9 häufige Fragen von Arbeitgebern.

 Zuverdienst oder Ehrenamt – Rechte, Pflichten und Stolperfallen für HR.

Nebentätigkeit: Antworten auf 9 häufige Fragen von Arbeitgebern.

Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer üben neben ihrem Hauptberuf eine weitere Tätigkeit aus. In Zeiten hoher Inflation und Energiepreise dürfte dies eher noch zunehmen. Vor allem bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen lauern Stolperfallen für Arbeitgeber.

Ob private Gutachter- oder Vortragstätigkeiten, Aufsichtsratstätigkeiten, Business-Coaching, Yoga-Training oder Minijob: Verdient ein Mitarbeiter neben dem Haupterwerb mit seiner eigenen Arbeitskraft Geld, gilt dies als Nebentätigkeit.

1. Bedarf die Nebentätigkeit einer Genehmigung?
Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes garantiert Berufsfreiheit, weshalb eine Nebentätigkeit prinzipiell erlaubt ist. Arbeitgeber und Personalverantwortliche können einen Zweitjob daher nicht pauschal per Arbeitsvertrag oder Weisungsrecht des Arbeitgebers verbieten. Eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag ist unwirksam.

Verschweigen Mitarbeiter den Nebenjob, kann dies eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung darstellen, die den Arbeitgeber zu Schadenersatz und/oder sogar zur Kündigung berechtigt.

2. In welchen Fällen ist eine Nebentätigkeit unzulässig?
Doch es gibt Grenzen: Verstößt der Zweiterwerb gegen die berechtigten Interessen des Hauptarbeitgebers, ist dieser unzulässig mit der Folge, dass der Hauptarbeitgeber diesen gegebenenfalls verbieten kann. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund einer Nebentätigkeit als Barkeeper, Taxifahrer oder Mitarbeiter eines Security-Dienstes mit Spät- oder Nachtschichten regelmäßig übermüdet zur Arbeit bei seinem Hauptarbeitgeber erscheint.

Allerdings darf ein Nebentätigkeisverbot aufgrund der verfassungsrechtlich garantierten Berufsfreiheit nur nach Ausschöpfung aller milderen Mittel ausgesprochen werden. Ein milderes Mittel könnte zum Beispiel sein, den zeitlichen Umfang der Nebentätigkeit zu reduzieren.

3. Zählt die Nebentätigkeit als Arbeitszeit?
Mehr als acht Stunden pro Tag dürfen Beschäftigte laut Arbeitszeitgesetz (ArbZG) nicht arbeiten. Wer bereits acht Stunden am Tag in Vollzeit arbeitet, kann also nicht nebenher einen Minijob in einem Restaurant oder als Reinigungskraft ausüben, zumal zwischen den täglichen Arbeitszeiten auch eine elfstündige Ruhepause einzuhalten ist.

Wichtig zu wissen: Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern werden nach § 2 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz ArbZG zusammengerechnet. Alle beteiligten Arbeitgeber sind dafür verantwortlich, die Einhaltung der Arbeits- und Ruhezeiten zu überwachen, sodass sie bei Verstößen unter Umständen alle haften. Es drohen Geldbußen bis zu 30.000 Euro oder gar Gefängnis bis zu einem Jahr, wenn Arbeitgeber wissen oder wissen müssten, dass die Haupt- und die Nebentätigkeit in Summe die Höchstgrenzen des Arbeitszeitgesetzes überschreitet.

Allerdings gibt es Ausnahmen: Zum Beispiel für leitende Angestellte sowie für Chefärzte gilt das Arbeitszeitgesetz nicht. Auch wer selbstständig nebenher tätig ist, muss sich weder an Höchstarbeitszeiten noch Mindestpausen halten. Aber auch in diesen Fällen gilt: Beansprucht der Zweiterwerb den Mitarbeiter zu sehr, könnte ein Verstoß gegen die berechtigten Interessen des Arbeitgebers vorliegen, der unter Umständen ein Verbot der Nebentätigkeit rechtfertigt.

4. Ist eine Tätigkeit für die Konkurrenz zulässig?
Wenn Beschäftigte nebenher für einen Wettbewerber arbeiten oder selbst in Konkurrenz treten, können Arbeitgeber gemäß § 60 Handelsgesetzbuch die Nebentätigkeit verbieten. Doch was gilt als Konkurrenz? Entscheidend ist nicht die Tätigkeit des Arbeitnehmers, sondern die Wettbewerbssituation des Arbeitgebers: Wird beispielsweise dasselbe Produkt verkauft? An die gleiche Kundengruppe? Laut Bundesarbeitgericht ist es zulässig, wenn zum Beispiel ein Arbeitnehmer der Deutschen Post AG im Nebenjob als Zeitungszusteller für einen Verlag arbeitet, der auch Briefdienstleistungen anbietet.

5. Ist der Nebenjob sozialversicherungsfrei?
Wenn es sich bei dem Nebenjob um einen Minijob und somit um eine geringfügige Beschäftigung handelt, müssen keine Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung abgeführt werden. Der Arbeitgeber hat in diesem Fall allerdings Pauschalbeträge an die Sozialversicherung zu entrichten. Wichtig zu wissen ist auch hier: Die Vergütungen aus mehreren geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen bei verschiedenen Arbeitgebern sind zusammenzurechnen, so dass die Geringfügigkeitsgrenze schnell überschritten werden kann. In diesem Fall werden Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung fällig. Wusste der Arbeitgeber von den weiteren geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen oder hätte er davon wissen müssen, drohen Nachzahlungen.

6. Was gilt für ehrenamtliche Tätigkeiten?
Die gesetzlichen Regeln für bezahlte Nebenjobs gelten grundsätzlich auch für das Ehrenamt, wobei sich hier ein Verbot der Nebentätigkeit noch schwerer durchsetzen lässt. Sind Mitarbeiter zum Beispiel ehrenamtlich bei der Freiwilligen Feuerwehr tätig, besteht nach manchen Landesgesetzen sogar die Pflicht, sie für Übungen und Einsätze freizustellen. Im Gegenzug erhalten private Arbeitgeber Kostenerstattungsansprüche gegenüber der Gemeinde. Für das Technische Hilfswerk gelten ähnliche Regelungen. Unter Umständen haben Arbeitgeber Anspruch auf Erstattung des Arbeitsentgelts.

7. Ist eine Nebentätigkeit im Urlaub erlaubt?
Urlaub dient laut Bundesurlaubsgesetz grundsätzlich der Erholung. Arbeitnehmer dürfen also nur so viel arbeiten oder sich ehrenamtlich engagieren, dass es den Erholungseffekt nicht beeinträchtigt. Ob der Erholungszweck durch die Nebentätigkeit gefährdet ist oder nicht, hängt vom konkreten Einzelfall ab.

8. Trotz Krankschreibung im Zweitjob arbeiten?
Wenn ein Arbeitnehmer vom Arzt krankgeschrieben wird und währenddessen trotzdem einer Nebentätigkeit nachgeht, ist der Arbeitgeber unter Umständen sogar ohne vorherige Abmahnung berechtigt, den Arbeitnehmer fristlos zu kündigen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.08.1993, Az. 2 AZR 154/93).

9. Was gilt in der Elternzeit?
Eltern dürfen während der Elternzeit bis zu 32 Stunden pro Woche arbeiten. Sofern sie nicht beim Hauptarbeitgeber tätig sein wollen, brauchen sie dafür prinzipiell seine Zustimmung.

Um Stolperfallen bei Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz und bei der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen zu vermeiden, sollten Arbeitgeber und Personalverantwortliche im Arbeitsvertrag eine Anzeigepflicht für Nebentätigkeiten vereinbaren und sich die Zustimmung dazu vorbehalten. Inhalt der Regelung muss allerdings sein, dass die Zustimmung nur versagt werden kann, wenn die Wahrnehmung der arbeitsvertraglichen Pflichten durch Ausübung der Nebentätigkeit wesentlich beeinträchtigt wird. Oder wenn sonstige berechtigte Interessen des Arbeitgebers dem entgegenstehen. Denn prinzipiell sind Nebentätigkeiten erlaubt und dürfen nicht willkürlich versagt werden. Nicht zu vergessen ist ein regelmäßiger Checkup des Arbeitgebers und der Personalverantwortlichen, ob gegebenenfalls Verstöße wegen Nichteinhaltung der Höchstarbeitszeit oder Ruhezeit vorliegen oder Nachzahlungen wegen der Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen drohen, wenn Mitarbeiter für mehrere Arbeitgeber tätig sind.