Wettbewerbsverbote: auch während Kündigungsschutzverfahren?
Gerade in Anstellungsverhältnissen, bei denen Mitarbeiter mit Know-how umgehen oder Kunden abwerben könnten, ist es üblich, Wettbewerbsverbote im Arbeitsvertrag wenigstens für die Dauer des Arbeitsvertrages aufzunehmen.
Aber greift ein Wettbewerbsverbot auch, wenn ein Arbeitnehmer gegen seine (fristlose) Kündigung klagt – also während des Kündigungsschutzverfahrens?
Denkbar ist das. Denn stellt das Gericht fest, dass die fristlose Kündigung unwirksam war, hat die (fristlose) Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet. Der Arbeitsvertrag war ohne Unterbrechung wirksam.
Streit um Wettbewerbsverbot
Im Fall vor dem LAG Düsseldorf stritten ein Arbeitgeber und ein Arbeitnehmer über ein Wettbewerbsverbot, das für die Dauer des Arbeitsverhältnisses vereinbart war. Der Steuerberater war von seiner Arbeitgeber-Kanzlei fristlos gekündigt und freigestellt worden. Dagegen klagte er. Er verlangte den ausstehenden Lohn und Weiterbeschäftigung, falls die Kündigung unwirksam war.
Während des Kündigungsschutzverfahrens begann er bereits, selbstständig Mandate zu bearbeiten. Dafür habe er ehemalige Mandanten abgeworben und damit das Wettbewerbsverbot verletzt. Das jedenfalls behauptete der Arbeitgeber und forderte mit einer einstweiligen Verfügung Unterlassung: Der Ex-Mitarbeiter solle in bestimmten Gebieten nicht aktiv Wettbewerb betreiben und keine Mandanten abwerben. Ein Interesse an der Untersagung des Wettbewerbs würde sich bereits aus der „abstrakten Gefahr der Beeinträchtigung seines Marktbereichs“ ergeben.
Wettbewerbsverbot im Kündigungsschutzverfahren?
Das vertragliche Wettbewerbsverbot gilt während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses, urteilte das LAG Düsseldorf im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG).
Insofern muss sich ein Arbeitnehmer grundsätzlich an das Wettbewerbsverbot halten, wenn er gegen seine Kündigung klagt.
Hält sich ein Arbeitnehmer während des Kündigungsschutzverfahrens nicht an das Wettbewerbsverbot, kann der Arbeitgeber dagegen vorgehen und Unterlassung des Wettbewerbs verlangen – grundsätzlich auch mithilfe eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.
Widersprüchliches Vorgehen?
Es mag widersprüchlich erscheinen, dass der Arbeitgeber einen Mitarbeiter fristlos kündigt und ihm dann mithilfe einer einstweiligen Verfügung untersagt, bestimmte Tätigkeiten auszuüben. Denn so geht der Arbeitgeber indirekt davon aus, dass die (fristlose) Kündigung unwirksam sein könnte. Genauso widersprüchlich verhält sich der Arbeitnehmer, der Kündigungsschutz begehrt, aber gleichzeitig in Wettbewerb mit dem ehemaligen Arbeitgeber tritt.
Abwägung im Einzelfall
Für das LAG ist das allerdings kein grundlegendes Problem: Wird ein Mitarbeiter, für den ein Wettbewerbsverbot gilt, noch während des Kündigungsschutzverfahrens als Wettbewerber aktiv, kann das Fakten schaffen, die nicht mehr aus der Welt zu schaffen sind.
Gleichzeitig stellte das Gericht allerdings klar, dass die Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer an der Durchsetzung des Wettbewerbsverbotes gegeneinander abzuwägen sind, wenn es um den Erlass einer einstweiligen Verfügung in einem solchen Fall geht.
Führt die Verletzung des Wettbewerbsverbotes während des Kündigungsschutzverfahrens beim (ehemaligen) Arbeitgeber zu relevanten „Schäden“ (Art. 12, Art. 14 GG)? Und wie stark würde die Untersagung der beruflichen Tätigkeit (Art. 12 GG) während der Kündigungsschutzphase den ehemaligen Mitarbeiter beeinträchtigen, z. B. beim Aufbau seiner Selbstständigkeit? Je nachdem welche Interessen rechtlich überwiegen, ist dann die Entscheidung zu treffen.
Im Fall vor dem LAG Düsseldorf scheiterte der Arbeitgeber mit dem Antrag auf Erlass seiner einstweiligen Verfügung und Unterlassung des Wettbewerbes während des noch laufenden Kündigungsschutzverfahrens.
Das Wichtigste kurz zusammengefasst:
- Ein Wettbewerbsverbot kann auch während eines laufenden Kündigungsschutzverfahrens greifen.
- Arbeitgeber können grundsätzlich die Durchsetzung des Wettbewerbsverbotes im Wege der einstweiligen Verfügung beantragen.
- Bei der Entscheidung über die einstweilige Verfügung wägt das Gericht die Interessen von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite an der Beachtung des Wettbewerbsverbotes im konkreten Fall gegeneinander ab.