In Kündigungsschutzverfahren hat sich der Anspruch nach Art. 15 DSGVO auf Auskunft und Kopie von Korrespondenz zu einem echten Verhandlungsinstrument des Arbeitnehmers gemausert. Dieser Auskunftsanspruch gibt betroffenen Personen das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob personenbezogene Daten verarbeitet werden. Ist das der Fall, so hat die Person (der Arbeitnehmer) ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten. Er kann auch eine Kopie der Korrespondenz verlangen.
Gekündigte Arbeitnehmer machen aktuell im Kündigungsschutzverfahren umfangreiche Auskunftsansprüche geltend, die mit der Kündigung oft nicht einmal am Rande zu tun haben. Sie tun dies, weil sie wissen, dass sie den Arbeitgeber so in Bedrängnis bringen können. Selbst wenn der Arbeitgeber die Anforderungen der DSGVO im Unternehmen gewissenhaft implementiert hat, macht ein Auskunftsersuchen Arbeit und bindet Ressourcen. Auch wenn der Arbeitgeber sich in der Lage sieht, die gewünschte Auskunft und Kopien zu erteilen, besteht das Risiko der verspäteten, unrichtigen oder unvollständigen Auskunft. Der Arbeitgeber muss zumindest Aufwand befürchten sowie folgende Punkte beachten:
- Die in Kopie herauszugebenden Dokumente müssen auf Geschäftsgeheimnisse und nicht den gekündigten Arbeitnehmer betreffende personenbezogene Daten überprüft und gegebenenfalls geschwärzt werden und
- schlimmstenfalls sieht er sich unerwünschter Aufmerksamkeit durch die Datenschutz-Aufsichtsbehörde und einem Bußgeld ausgesetzt.
Die Aussicht auf Schadensersatzansprüche entwickelt sich gerade aktuell zum Grund der Häufung von Auskunftsansprüchen durch gekündigte Arbeitnehmer. So hat beispielsweise das Arbeitsgericht Düsseldorf (ArbG Düsseldorf, Urt. v. 05.03.2020 – 9 Ca 6557/18) einem Arbeitnehmer im Falle einer verspäteten und lückenhaften Auskunft einen Schadensersatz in Höhe von 5.000 Euro zugesprochen.
Keine Kopie bereits bekannter Korrespondenz
In dem nun vom Bundesarbeitsgericht (BAG) entschiedenen Fall hatte ein gekündigter Arbeitnehmer Kopien sämtlicher E-Mail-Korrespondenz nicht nur zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verlangt. Er wollte zudem Kopien aller E-Mails, in denen er persönlich erwähnt wird. Die Vorinstanz hatte den Anspruch verneint. Das BAG in Erfurt musste jetzt darüber entscheiden, wie weit der Auskunftsanspruch reicht.
Die Vorinstanz, das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen (Entscheidung vom 9. Juni 2020 (Az.: 9 Sa 608/19)), hatte von dem Anspruch auf Auskunft bereits die E-Mail-Korrespondenz ausgenommen, die direkt zwischen dem Arbeitgeber und dem gekündigten Arbeitnehmer stattgefunden hatte. Die Begründung: Diese Korrespondenz war dem Beschäftigten ja bereits bekannt. Auch war das LAG der Ansicht, dass sich der Auskunftsanspruch nicht auf Korrespondenz erstreckt, die sich nicht unmittelbar auf den Arbeitnehmer bezieht. Dem hat das BAG jedenfalls nicht widersprochen. Eine Entscheidung über diesen Punkt war schlicht nicht erforderlich, weil der Anspruch die konkrete Benennung der geforderten E-Mails voraussetze.
Antrag bezüglich weiterer, den Arbeitnehmer erwähnender, Korrespondenz muss hinreichend bestimmt sein
Damit bleibt aber weiter ungeklärt, wie weit der Anspruch auf Kopien aller weiterer Korrespondenz reicht, in der der Arbeitnehmer erwähnt wurde. Hier hat sich das BAG nämlich dem LAG Niedersachsen angeschlossen, das den Anspruch als nicht hinreichend bestimmt abgewiesen hatte. Auch das BAG entschied, dass ein solcher Anspruch, falls es ihn denn gebe, entweder mit einem hinreichend bestimmten Klagebegehren oder im Wege der Stufenklage (§ 254 ZPO) geltend gemacht werden müsste.
Leider hat das Gericht aufgrund der prozessualen Situation offengelassen, wie weit der Anspruch auf eine Datenkopie nun geht. Eine Vorlage an den EuGH wurde vermieden. Für Unternehmen bedeutet das, dass die Auskunftsansprüche – wenn auch eingeschränkt – weiterhin in arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen eingesetzt werden können.
Die Einschränkung durch das BAG entlastet Arbeitgeber. Vorerst können Unternehmen pauschale Ansprüche auf Kopien sämtlicher E-Mails weiter pauschal ablehnen. Ohne die konkrete Bezeichnung der begehrten E-Mails besteht der Anspruch nämlich nicht.
Letztlich müssen Unternehmen aber ohnehin die Voraussetzungen für die schnelle und sichere Auskunftserteilung schaffen, um solchen Auskunftsersuchen den Schrecken zu nehmen.