Im aktuellen Fall hatte ein Auslieferfahrer aus Niedersachsen die Vergütung von Überstunden über einen Zeitraum von anderthalb Jahren eingeklagt. Grundlage war die technische Zeiterfassung des Arbeitgebers. Unklar war dabei, ob diese Aufzeichnungen dazu dienten, auch Überstunden zu erfassen.
Erster Instanz genügt technische Aufzeichnung als Indiz
Das Arbeitsgericht Emden hatte der Klage in erster Instanz stattgegeben: Der beklagte Arbeitgeber sei laut Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Mai 2019 verpflichtet, mit Zeiterfassungsystemen die Arbeitszeit zu protokollieren und zu kontrollieren. Die vorgelegten technischen Aufzeichnungen reichten als Indiz für die geleistete Arbeitszeit aus. Der Beklagte habe dies nicht entkräften können, etwa durch die Darlegung von Pausenzeiten.
Diese Auffassung teilte das Landesarbeitsgericht nicht: Die Entscheidung aus Luxemburg (C-55/18) sage nichts aus über die Darlegungs- und Beweislast im Überstundenprozess. Denn dabei gehe es um die Frage: Hat der Arbeitgeber Mehrarbeit angeordnet, geduldet oder war sie betriebsnotwendig? Dem EuGH komme keine Kompetenz zur Entscheidung über Fragen der Vergütung zu.
Die Revision zum Bundesarbeitsgericht ließ das LAG ausdrücklich zu. Die abschließende Entscheidung bleibt mit Spannung abzuwarten.
LAG Niedersachsen (Az.: 5 SA 1292/29)
Streit über die Vergütung von Überstunden gibt es häufig, vor allem nach Ende des Arbeitsverhältnisses. Um Prozessrisiken zu minimieren, sollten Unternehmen nicht nur ein System zur Zeiterfassung einführen, sondern die Arbeitszeiten auch regelmäßig kontrollieren und dies dokumentieren.