Was war passiert?
Ein Arbeitnehmer klagte gegen seinen Arbeitgeber, weil er meinte, zu Unrecht mit sofortiger Wirkung als Datenschutzbeauftragter abberufen worden zu sein.
Er war 2015 zum Datenschutzbeauftragten berufen worden und war gleichzeitig Vorsitzender des Betriebsrats. Der Thüringer Landesbeauftragte für Datenschutz zweifelte allerdings daran, dass diese beiden Ämter im gleichen Unternehmen in einer Person miteinander vereinbar sind. Das blieb nicht ohne Folgen: Der Arbeitgeber widerrief die Bestellung des Datenschutzbeauftragten Ende 2017 mit sofortiger Wirkung auf Grundlage des BDSG in der damals gültigen Fassung.
Die beiden Ämter seien nicht miteinander kompatibel, in der Ausübung der Ämter könne es zu Interessenkonflikten kommen. Das sei ein wichtiger Grund für die Abberufung. Nach Inkrafttreten der DSGVO 2018 legte der Arbeitgeber nach und berief den Mitarbeiter vorsorglich auch nach Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO als Datenschutzbeauftragten ab.
Damit war der Mitarbeiter nicht einverstanden. Die Abberufung sei rechtswidrig, Interessenkonflikte als Rechtfertigung für die Abberufung mit sofortiger Wirkung sah er nicht.
EuGH klärt Fragen des BAG
Der Fall ging bis vor das BAG. Um abschließend über den Fall urteilen zu können, legte das BAG dem EuGH allerdings einige Fragen vor, die vorab zu klären seien. Einerseits wollte man wissen, ob die Rechtsgrundlage für die Abberufung nach deutschem Recht (BGB, BDSG) strenger als die Norm des EU-Rechts sein dürfe. Andererseits sollte der EuGH klären, ob dieselbe Person im Unternehmen gleichzeitig Datenschutzbeauftragter und Betriebsratsvorsitzender sein könne oder ob diese Ämterkombination zu einem Interessenkonflikt nach Art. 38 Abs. 6 S. 2 DSGVO führten. Immerhin hatte das BAG 2011 bereits entschieden (BAG, Urt. v. 23.03.2011, Az. 10 AZR 562/09), dass diese Ämter miteinander vereinbar seien.
Davon war man nun nicht mehr zweifelsfrei überzeugt.
Entscheidung des EuGH vorab
Grundsätzlich sei das nationale Recht (BGB, BDSG) an dieser Stelle europarechtskonform, so der EuGH.
Gleichzeitig entschied das Gericht, dass die Ämter des Datenschutzbeauftragten und des Betriebsratsvorsitzenden nur miteinander vereinbar seien, wenn die Zuverlässigkeit als Datenschutzbeauftragter nicht unter einem Interessenkonflikt leide. Das sei aber der Fall, wenn der Datenschutzbeauftragte gleichzeitig ein Amt im Unternehmen bekleide, bei dem es auch um die Festlegung von Zwecken und Mitteln der Verarbeitung personenbezogener Daten gehe (EuGH 9. Februar 2023 – C-453/21).
Betriebsratsvorsitz und Datenschutzbeauftragter nicht gleichzeitig
Exakt das sei allerdings im Fall der Ämter-Kombination Betriebsratsvorsitzender und Datenschutzbeauftragter der Fall, urteilte das BAG auf Grundlage der EuGH-Entscheidung.
Betriebsratsvorsitz und das Amt des Datenschutzbeauftragten könnten nicht von ein und derselben Person ausgeübt werden. Der Betriebsrat als Gremium würde ja u.a. darüber entscheiden, unter welchen Voraussetzungen er welche personenbezogenen Daten vom Arbeitgeber fordere und wie er sie verarbeite. So lege der Betriebsrat selbst Zwecke und Mittel der Verarbeitung personenbezogener Daten im Unternehmen fest.
So könne es jedenfalls bei der herausgehobenen Position des Betriebsratsvorsitzenden – wie hier – zu Interessenkonflikten kommen, die zu einer Unzuverlässigkeit führten, die eine Abberufung als DSB rechtfertigen würden.
Das Wichtigste kurz zusammengefasst:
- Die Regelungen des BGB und BDSG über die Abberufung eines Datenschutzbeauftragten mit sofortiger Wirkung sind europarechtskonform.
- Übt ein Datenschutzbeauftragter weitere Ämter im Unternehmen aus und führt das zu einer Interessenkollision, kann das ein wichtiger Grund für eine Abberufung als Datenschutzbeauftragter sein.
- Betriebsratsvorsitz und das Amt als DSB schließen sich wegen einer solchen Interessenkollision aus.