Die Internationale Labour Organisation (ILO)
Die ILO als Sonderorganisation der Vereinten Nationen hat seit ihrer Gründung vor mehr als 100 Jahren die Förderung menschenwürdiger Arbeitsbedingungen, die Förderung sozialer Sicherung und die Stärkung des sozialen Dialogs zum Ziel.
Die ILO selbst besteht dabei aus unterschiedlichen Organen: dem Verwaltungsrat (Governing Body), dem internationalen Arbeitsamt (International Labour Office) und nicht zuletzt der internationalen Arbeitskonferenz (International Labour Conference).
Aufgabe und Rechtsakte der ILO
Aufgabe des ILO ist unter anderem, internationale Arbeitsstandards weiterzuentwickeln. Zu diesem Zwecke werden von der internationalen Arbeitskonferenz Übereinkommen (sog. Conventions) und Empfehlungen entwickelt und verabschiedet. Lediglich Übereinkommen der Arbeitskonferenz sind allerdings gegenüber Mitgliedstaaten verbindlich.
Die Folge: Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die Inhalte der Übereinkommen dem nationalen Gesetzgeber vorzulegen. Dieser muss dann aber ein Übereinkommen nicht unbedingt ratifizieren und in der Folge die Inhalte in nationales Recht umzusetzen.
Übereinkommen / Konvention 190 der ILO
Kern des Übereinkommens 190 ist der Schutz von Personen vor Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt. Damit ist das Übereinkommen auf rechtlicher Ebene ein wesentlicher Schritt gegen Belästigung, physische und psychische Gewalt und nicht zuletzt sexualisierte Gewalt im Arbeitsumfeld. So soll es die „#me too-Debatte“ und damit den Kampf gegen Belästigungen und (sexualisierte) Gewalt auf ein neues Level bringen und auf nationaler Ebene noch mehr justiziabel machen.
Das Übereinkommen 190 der ILO definiert dabei klar, dass es nicht nur um Verhalten in direkten Arbeitsstätten gehen soll, sondern der Schutz u.a. auch für
- private Räume, die Arbeitsstätten sind,
- Pausenräume, Kantinen, Waschräume Umkleiden etc.,
- Unterkünfte, die die Arbeitgeberin bereitstellt
- arbeitsbezogene Fahrten und Reisen
- Veranstaltungen
- arbeitsbezogene Kommunikation (z.B. E-Mails) und
- den Weg zur Arbeit
gelten soll. Damit soll Personen künftig nicht nur an der Arbeitsstätte, sondern im gesamten arbeitsbezogenen Kontext („Arbeitsumfeld“) Schutz gewährt werden.
Aktueller Stand: Gesetz ratifiziert
Aktuell – im Mai 2023 – hat der Gesetzgeber zunächst das notwendige Gesetz für die Ratifizierung des Übereinkommens 190 der ILO beschlossen.
Nachdem der Bundestag am 20. April 2023 den Gesetzentwurf zur Ratifizierung des „Übereinkommens Nr. 190“ der Internationalen Arbeitsorganisation über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung verabschiedet hatte, hat nun ganz aktuell am 12. Mai 2023 auch der Bundesrat dem Gesetzentwurf zugestimmt.
Mit dem frisch verabschiedeten Gesetz ist der Weg für mehr rechtlichen Schutz vor Belästigung und Gewalt im Arbeitsumfeld auf nationaler Ebene nun auch in Deutschland frei.
Letztlich wird es nun in den kommenden Monaten Aufgabe des deutschen Gesetzgebers sein, die Vorgaben der ILO-Konvention 190 effektiv in nationales Recht umzusetzen.
Die Ratifizierung des ILO-Übereinkommens 190 über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt ist ein erster, wichtiger Schritt. Jetzt wird es noch darauf ankommen, nationales Recht entstehen zu lassen, das noch mehr effektiven (Rechts-)Schutz vor Gewalt und Belästigung gewährt. Arbeitgeber sollten dieses Thema und ggf. künftig damit verbundenen Handlungsbedarf im Blick behalten.