Anfechtung der Betriebsratswahl: Wann sind Stimmzettel rechtzeitig abgegeben?

 
Bundesarbeitsgericht schafft Klarheit in einem häufigen Streitfall.

Anfechtung der Betriebsratswahl: Wann sind Stimmzettel rechtzeitig abgegeben?

Wird ein Wahlvorschlag rechtzeitig beim Wahlvorstand eingereicht und bleibt er gleichwohl unberücksichtigt, stellt dies regelmäßig einen Anfechtungsgrund dar. Rechtzeitig vor den Betriebsratswahlen 2022 klärt das Bundesarbeitsgericht Fälle, in denen der Wahlvorstand keine Uhrzeit zur letztmöglichen Abgabe am Tag des Fristablaufes mitgeteilt hat. (BAG Az.: 7 ABR 10/20).

Eine Betriebsratswahl kann vor dem Arbeitsgericht durch mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder durch den Arbeitgeber angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen wurde und eine Berichtigung nicht erfolgt ist. Eine Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

Wird ein Wahlvorschlag rechtzeitig beim Wahlvorstand eingereicht und bleibt er durch den Wahlvorstand gleichwohl unberücksichtigt, stellt dies regelmäßig einen Anfechtungsgrund dar. Streit gab es bisher bei der Frage: Wann ist ein Wahlvorschlag als „rechtzeitig“ eingegangen anzusehen? Die Vorschlagslisten zur Wahl des Betriebsrats sind gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 WO von den Wahlberechtigten vor Ablauf von zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand einzureichen. Der Wahlvorstand hat hierauf gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 8 WO in seinem Wahlausschreiben hinzuweisen.

Der Wahlvorstand hat die Möglichkeit, zur Einreichung von Vorschlagslisten für die Betriebsratswahl am letzten Tag der Frist durch eine entsprechende Angabe im Wahlausschreiben auf das Ende der Arbeitszeit im Betrieb oder auf das Ende der Dienststunden des Wahlvorstands zu begrenzen, wenn dieser Zeitpunkt nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der Mehrheit der Arbeitnehmer liegt, so das Bundesarbeitsgericht.

Maßgeblich ist nicht automatisch das Arbeitsende der Mehrheit der Arbeitnehmer

Der Streit entstand oftmals in den Fällen, in denen der Wahlvorstand eine Uhrzeit zur letztmöglichen Abgabe an dem Tag des Fristablaufes nicht mitgeteilt hat. Einige Landesarbeitsgerichte waren der Auffassung, dass dann – auch in Betrieben mit Schichtarbeit – das Arbeitsende der Mehrheit der Arbeitnehmer im Betrieb maßgeblich sei. Der Wahlvorstand müsse nicht ermöglichen, dass bis 24:00 Uhr Vorschlagslisten eingereicht werden können.

Fehlt Angabe der Uhrzeit: Fristablauf um Mitternacht

Das Bundesarbeitsgericht schafft hier Klarheit – rechtzeitig vor den regulären bundesweiten Betriebsratswahlen 2022. Macht der Wahlvorstand keinen Gebrauch von der Möglichkeit, eine Uhrzeit (rechtswirksam) festzusetzen, bis zu der die Vorschlagslisten am letzten Tag der Frist eingegangen sein müssen, so dürfen die Wahlberechtigten darauf vertrauen, dass eine Einreichung von Wahlvorschlägen bis 24:00 Uhr zugelassen ist. Eine Vorschlagsliste, die am letzten Tag der Frist in den Briefkasten des Wahlvorstands eingeworfen wird, ist dann rechtzeitig eingereicht. Nicht entscheidend ist, ob der Wahlvorstand von ihr möglicherweise erst am nächsten Tag Kenntnis erlangt.

Für Arbeitnehmer bedeutet diese Entscheidung zum einen eine Erleichterung, gerade wenn sie im Schichtdienst tätig sind. Andererseits müssen sie das Wahlausschreiben stets genau ansehen, ob nicht der Wahlvorstand eine Uhrzeit angegeben hat. Der Arbeitgeber sollte sich hiermit ebenfalls vertraut machen, da sich Beschäftigte mit dahingehenden Fragen teilweise auch an ihn wenden.